Arbeitstreffen zur Entwicklung des Österreichischen Rahmenlesplans (ÖRLP) in Puchberg bei Wels, 16. – 18.3. 2015
„Nennt sich Rahmenleseplan, geht aber ganz schön in die Tiefe“ – so etwa könnte man meinen ersten Eindruck beschreiben, den ich beim Arbeitstreffen in Puchberg bei Wels schon nach kurzer Zeit gewann. Ich war zu einer äußerst aktiven Gruppe von Menschen gestoßen, die das Lesen aus verschiedensten Blickwinkeln betrachten und analysieren wollten, um ein umfassendes Netzwerk zur Förderung einer breiten Lesekompetenz und -freude für möglichst alle Menschen in Österreich zu entwickeln.
Dem Treffen waren schon einige Planungstreffen der Leitung, ein Auftakttreffen und zwei Managementboardsitzungen vorausgegangen, in denen die (offene) Struktur der Zugänge und Themen festgelegt worden waren. So widmeten sich nun in Puchberg vier Arbeitsgruppen den einzelnen Altersstufen (Vorschulalter, Primarstufe, Jugendliche und Erwachsene), in denen Lesen jeweils eine unterschiedliche Rolle spielt, mit veränderter Motivation betrieben und anderem Nutzen verstanden wird. Daraus ergeben sich ein unterschiedlicher Förderbedarf und andere Schwerpunkte. Drei weitere Gruppen (Literale Welten, Qualität des Lehrens und Lernens sowie Diversität und Partizipation) setzen einen anderen Fokus, indem sie das Thema Lesen aus thematischer Sicht betrachten und dadurch andere Querschnittbereiche aufgreifen, die für das Gesamtbild wesentlich sind.
In Puchberg wurde nun drei Tage lang intensiv diskutiert, geschrieben, „verschnitten“ und wieder neu geschrieben, um möglichst viele Aspekte des Lesens in den künftigen Leseplan einfließen zu lassen. Lesen soll verstanden werden als eine Grundkompetenz, die Menschen den Zugang zu Informationen sichert und damit die eigenverantwortliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aber auch an Bildung, an Wissen und an der Freude am Gedankenaustausch. Ein solchermaßen erweiterter Lesebegriff betrifft alle Altersgruppen, vom Kleinkind bis zum Greis, die jeweils ihre eigenen Erwartungen an das Lesen haben und ihren spezifischen Nutzen daraus ziehen können. Er betrifft aber auch die schulische und außerschulische Bildung, Freizeitorganisationen und Sozialeinrichtungen ebenso wie die Arbeitswelt, die öffentliche und private Sphäre, virtuelle Welten ebenso wie Bibliotheken.
Aus all diesen Bereichen hatten kluge Köpfe in Puchberg eine Gruppe von Expert/-innen versammelt, die ein Netzwerk bilden sollen und auf dieser Basis eine Bestandsaufnahme und Richtlinien schaffen werden, damit Lesen in seinen verschiedensten Facetten unterstützt, entwickelt und jeder Person entsprechend zugänglich gemacht werden kann. Lesen soll bedarfs- und bedürfnisorientiert in unterschiedlichsten Lebensbereichen gefördert und entwickelt werden, es soll als wertvoll und bereichernd wahrgenommen werden.
An den Ergebnisse des Arbeitstreffens soll in den nächsten Monaten weiter gearbeitet und gefeilt werden, so dass bis Anfang September ein erster Zwischenbericht entsteht, der einer breiteren Öffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt werden kann. Die Impulse dieser Kommentarphase will man in den ÖRLP aufnehmen, ihn danach also nochmals überarbeiten, um ihn schließlich bis März 2016 fertigzustellen. Der Österreichische Rahmenleseplan will ein Aufruf sein an alle, er will Bewusstsein schaffen, das Lesen als wertvoll und als Strategie zur gesellschaftlichen Teilhabe wahrnehmen lassen. Er will an Politik ebenso wie an schulische und außerschulische Bildungs- und Freizeiteinrichtungen appellieren, Strukturen zu unterstützen, die einen breiten Ausbau der Lesekompetenzen sichern, die Freude am Lesen wecken und den Nutzen verdeutlichen.
Brigitte Sorger