DiZeTIK goes Finnland
Im Rahmen des Interreg-Projektes CODES AT-HU reisten Christian Aspalter und Linda Wöhrer als Vertreter*innen der Pädagogischen Hochschule nach Kuopio (Finnland), um das dortige Schulsystem kennen zu lernen und hatten im Zuge dessen, die Gelegenheit sich intensiv mit Lehrer*innen und Universitätsangestellten auszutauschen.
In interessanten Gesprächen mit Lehrer*innen der Jynkkä School sowie der Praxisschule der University of Eastern Finland konnten wir folgende Beobachtungen machen und aufschlussreiche Erkenntnisse gewinnen: Die Räume der Schule, insbesondere die Klassenzimmer sind durch eine moderne und flexible Raumausstattung gekennzeichnet. Tische, Stühle und andere Sitzgelegenheit wie Sofas können leicht verschoben und durch flexible Wände an die aktuellen Lernbedürfnisse der Schüler*innen angepasst werden. So ist es möglich, in kürzester Zeit zwischen Einzel-, Gruppen- und Plenarsettings zu wechseln.
Eine weitere positive Beobachtung war, dass alle am Lernprozess involvierten Personen ein großes Vertrauen in den Lernzuwachs der Schüler*innen haben. So erfuhren wir, dass ausgehend von der Schulbehörde, über die Erziehungsberechtigten und Direktor*innen den örtlichen Lehrer*innen durchgängig Zuversicht und Wertschätzung entgegengebracht wird. Diese wiederum vertrauen darauf, dass die Schüler*innen durch angeleitete Lernprozesse erfolgreich in ihrer Bildungskarriere sind. Die wertschätzende Haltung aller am Lernverlauf beteiligten Personen ist spürbar, beispielsweise im Lehrer*innenzimmer, wo eine fröhliche und angenehme Arbeitsatmosphäre herrscht, ebenso wie in den Klassenzimmern, in der die Lernenden angeregt an gestellten Aufgaben arbeiten. Inspirierend waren auch die Schilderungen der Lehrpersonen hinsichtlich ihres Verantwortungsbewusstseins, ihrer Selbstständigkeit und ihrer Flexibilität des vorwiegend gemeinsam geplanten Unterrichts. Collaborative planning ermöglicht es den Lernpersonen ihr Wissen zu teilen, ideale Unterrichtssettings zu entwerfen und Lernprozesse gemeinsam zu unterstützen. Jede*r Lehrerin/Lehrer fühlt sich gleichermaßen verantwortlich dafür, Lernprozesse anzuregen, die Schüler*innen zu unterstützen, wenn Hilfe benötigt wird und eventuell gezielte Fördermaßnahmen anzubieten. Die vielen Gruppenprozesse ermöglichen den Schüler*innen nicht nur von der Lehrperson zu lernen, sondern auch von ihren Mitschüler*innen. Überraschend in Bezug auf unser Projekt war jedenfalls auch, dass die finnischen Lehrkräfte, mit denen wir gesprochen haben, insgesamt scheinbar wenig theoretisches Wissen in Bezug auf „kompetenzorientierten Unterricht“ haben und schon gar keine Kompetenzraster kennen bzw. sich auch nicht an einzelnen Bildungsstandards abarbeiten müssen. Sie arbeiten – wie bereits oben erwähnt – mit einem hohen Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung und die staatlichen Bildungsorganisationen verstehen sich als strukturgebende Organisationen, die vorwiegend unterstützend und weniger kontrollierend agieren. Zusammenfassend könnte man feststellen, dass das finnische Schulsystem ein gutes altes österreichisches Sprichwort auf den Kopf stellt: „Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser!“
Text: Christian Aspalter
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