KsL-Symposion: Digitales Lesen ist lehr- und lernbar
Rekordverdächtig: 124 Teilnehmer*innen nahmen an einem Freitagnachmittag bei 34 Grad im Schatten und trotz Konkurrenz durch Schwimmbäder und Fußball-EM am KsL-Symposion 2021 „Lesen in digitalen Kontexten“ teil. Leider nur online, und es gab wohl unter Referent*innen und Teilnehmer*innen niemanden, der sich nicht an oder in den Wolfgangsee bei Strobl sehnte, wo sonst traditionell das Symposion stattfindet. Die fulminanten Referent*innen und Workshopleiter*innen ließen die Teilnehmer*innen aber bis zum Schluss gebannt am heißen Bildschirm ausharren. Einhelliges Fazit des spannenden Nachmittags: „Digitales Lesen ist lehr- und lernbar“ (Matthis Kepser).
Matthis Kepser von der Universität Bremen gab in seiner Keynote einen strukturierten Überblick über digitales Lesen und Schreiben und ließ mit scharfer Kritik an der „Stavanger Erklärung“ von 2019 aufhorchen, die ja die Überlegenheit des analogen Lesens/Lernens von Sachtexten gegenüber dem digitalen Lesen/Lernen postuliert. Wolfgang Lenhard von der Universität Würzburg erläuterte Kriterien für computer- und onlinebasierte Diagnose und stellte neben seinem vielfach bewährten ELFE-Test auch ein ganz aktuelles Microsoftprogramm zum Testen der Leseflüssigkeit vor, das – vorläufig nur auf Englisch und als No-name-Betaversion – die Vorlesekompetenz von Kindern aufzeichnet und nach verschiedenen Kriterien (Lesegeschwindigkeit, Korrektheit des Dekodierens, Prosidic Parsing) bewertet. Große Erwartungshaltung der Expert*innen! Die Workshopleiter*innen zeigten an praktischen Beispielen und anhand vieler Tools, wie digitales Lesen und Schreiben im Unterricht vermittelt und trainiert werden kann. Digitale Lesedidaktik ist im Entstehen!
Faszinierend war, wie die These vom „Screen inferiority effect“ ausgehend von Kepsers Kritik an der Stavanger Erklärung vom Co-Referenten Lenhard und den Workshopleiter*innen spontan aufgegriffen und in einem echten wissenschaftlichen Diskurs abgehandelt wurde. Der gemeinsame Nenner aller Vortragenden war dabei klar: Digitales Lesen ist nicht nur längst in der Gesellschaft angekommen, sondern muss auch in der Schule von Anfang an vermittelt und trainiert werden. Der Mediumseffekt zeige nämlich nicht ein grundsätzliches Manko der digitalen Medien auf, sondern vielmehr das Faktum, dass im Unterricht die spezifischen Rezeptionsbedingungen digitaler Medien intensiv vermittelt und trainiert werden müssen: Digitales Lesen ist lehr- und lernbar.
Nachzulesen, nachzuschauen und nachzuhören gibt es das Symposion auf https://mahara.phwien.ac.at/user/ksl/nachlese-ksl2021. Einen interessanten Blogbeitrag zum Symposion bietet Elke Höfler von der Universität Graz unter https://digitalanalog.at/nachlese/koordinationsstelle-lesen-ksl-lesen-in-digitalen-kontexten-nachlese/.
Und wer Lust bekommen hat: Das nächste KsL-Symposion zum Thema „Schriftspracherwerb“ steigt am 03./04.06. 2022 hoffentlich in Strobl am und in den Pausen im Wolfgangsee.